Was du über den Organspendeausweis wissen musst

10 Minuten Lesedauer
Was du über den Organspendeausweis wissen musst

Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, ob du deine Organe nach dem Tod einem anderen Menschen zur Verfügung stellen würdest?

Mit einer Organspende kannst du Leben retten. Doch die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist eine sehr persönliche und es gibt für viele Menschen auch gute Gründe, sich dagegen zu entscheiden. Deshalb solltest du dir Zeit nehmen, bevor du die Frage „Organspende ja oder nein?“ für dich beantwortest.

Wir haben die wichtigsten Infos zum Thema Organspende in Deutschland zusammengestellt.

Warum solltest du dich mit dem Thema Organspende befassen?

Wenn wir in Deutschland von Organspende sprechen, ist in der Regel die postmortale Organspende gemeint. Der Gedanke dahinter: Wenn du stirbst, brauchst du deine Organe nicht mehr. Möglicherweise sie aber weiterhin funktionsfähig und können einem Menschen, der dringend ein Spenderorgan benötigt, das Leben retten.

Dabei gibt es in Deutschland weit mehr Menschen, die eine Organspende brauchen, als Spender. Aktuell stehen rund 8.500 Menschen auf der Warteliste für eine Organspende. Demgegenüber waren es im Jahr 2021 aber nur 933 Organspender. Dabei stehen Umfragen zufolge 84 Prozent der Deutschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber.

Viele scheuen sich jedoch, ihren Willen schriftlich zu formulieren. Das soll nicht bedeuten, dass du dich unbedingt dafür entscheiden musst, deine Organe zu spenden. Doch du solltest für dich zu einer Entscheidung kommen – und diese Entscheidung auch dokumentieren. Denn so können die Ärzte im Todesfall unverzüglich die notwendigen Maßnahmen einleiten.

Außerdem ersparst du deinen Angehörigen damit die Entscheidung. Denn ohne einen Organspendeausweis muss häufig die Familie beschließen, wie in dieser Frage verfahren wird – ohne zu wissen, wie du dazu stehst. Das ist in einer ohnehin stark belastenden Situation eine zusätzliche Bürde. Indem du in deiner Notfallzugriffs-Karte von HYLI einträgst, ob du Organspender sein möchtest oder nicht, schaffst du Klarheit.

Wenn du deine Organe nicht spenden möchtest, kannst du mit dem Eintrag „kein Organspender“ auf Nummer sichergehen und verhindern, dass deine Familie deine Organe möglicherweise doch zur Spende freigibt, weil sie denkt, dass dies dein Wille gewesen sei. Wie man es dreht und wendet: Eine Entscheidung zu treffen und sie zu dokumentieren, ist in jedem Fall sinnvoll.

Wie ist die rechtliche Situation zum Thema Organspende in Deutschland?

In Deutschland ist die Organspende im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Dabei gilt die Zustimmungsregelung. Das bedeutet, dass deine Organe im Todesfall nicht einfach so entnommen werden dürfen, sondern nur, wenn du vorher ausdrücklich zugestimmt hast. Damit unterscheidet sich unser Gesetz von dem in anderen Ländern wie Österreich oder den Niederlanden, wo die Widerspruchslösung gilt: In diesem Fall bist du automatisch Organspender, es sei denn, du hast ausdrücklich widersprochen.

Logischerweise gibt es bei der Widerspruchslösung mehr Organspender als bei der Zustimmungsregelung, da viele Menschen sich mit der Frage der Organspende nicht auseinandersetzen möchten. In Deutschland ist durch eine Reform im März 2022 die sogenannte erweiterte Zustimmungsregeln im Kraft getreten. Das bedeutet, dass nicht nur du selbst zu Lebzeiten festlegen kannst, ob du Organspender sein möchtest – es gibt auch die erweiterte Möglichkeit der Zustimmung durch nahe Angehörige.

Deine Familie kann also im Notfall einwilligen, sofern sie denkt, das dies in deinem Sinne gewesen wäre. Tatsächlich zeigt die Statistik, dass in über der Hälfte aller Organspenden die Entscheidung nicht vom Spender selbst, sondern von den Angehörigen getroffen wurde. Dies ist also nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Pro Organspende: Was spricht für eine Organspende?

Kommen wir zur Sache. Es gibt einige Argumente, die für eine Organspende sprechen. An dieser Stelle nennen wir nur die 8 wichtigsten.

  • Die gute Tat: In Deutschland sterben pro Jahr etwa 800 Menschen, weil sie kein Spenderorgan erhalten. Viele davon könnten durch eine Organspende gerettet werden. Allerdings ist allein durch die Entscheidung, Organspender zu werden, noch nicht gewährleistet, dass deine Organe auch wirklich nach deinem Tod verwendet werden können.
  • Trost für die Angehörigen: Viele Menschen finden es in ihrer Trauer tröstlich zu wissen, dass mit den Organen ihres Verstorbenen ein anderer Mensch weiterleben kann.
  • Bessere Spenderversorgung: Niemand weiß, ob er nicht selbst vielleicht einmal auf eine Organspende angewiesen sein wird. Je mehr Organspender es gibt, desto kürzer sind die Wartezeiten und desto besser die Heilungschancen.
  • Sichere Vorgehensweise: In Deutschland dürfen Spenderorgane nur beim festgestellten, irreversiblen Hirntod entnommen werden. Dieser muss von zwei Ärzten unabhängig festgestellt werden.
  • Gute Gesundheitsversorgung: Bis zur Entnahme der Organe werden Organspender genauso gewissenhaft und intensiv behandelt wie alle anderen Patienten.
  • Normale Beerdigung: Nach der Organspende können die Angehörigen den Verstorbenen mit einer normalen Bestattung beisetzen, so wie es seinen Wünschen entsprach.
  • Weniger illegaler Organhandel: Gerade in ärmeren Ländern floriert der illegale Organhandel. Gibt es mehr legal gespendete Organe, wird dies für kriminelle Organisationen unattraktiver.
  • Religiöse Akzeptanz: Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland ist sich einig darüber, dass eine Organspende nicht dem Auferstehungsglauben widerspricht. Sie bestätigt, dass die Organspende ein Akt der Nächstenliebe sein kann, allerdings sieht sie in einigen Bereichen offene Fragen.

Contra Organspende: Was spricht gegen eine Organspende?

Zu diesen offenen Fragen kommen wir jetzt. Es soll nicht verschwiegen werden, dass eine Organspende auch Nachteile hat, die für einige vielleicht den Ausschlag geben, sich dagegen zu entscheiden. Hier sind 8 Dinge, die du ebenfalls bedenken solltest.

  • Tod auf der Intensivstation: Viele Menschen wünschen sich, in Ruhe zu Hause oder in einem stillen Krankenzimmer zu sterben. Für eine Organspende muss der Tod auf der Intensivstation eintreten, damit der Körper nach dem Einstellen der Hirnfunktion weiterhin mit Sauerstoff versorgt werden kann. So wird die Funktionsfähigkeit der Organe gewährleistet.
  • Weniger Raum für Verabschiedung: Die Umgebung der Intensivstation ist für viele Angehörige belastend. Für die persönliche Verabschiedung vom Sterbenden besteht oft weniger Freiraum. Beim finalen Eintritt des Todes durch das Abstellen der Beatmungsmaschinen sind die Familienmitglieder in der Regel nicht anwesend.
  • Definition des Todes: Bei der Organspende gilt das Hirntod-Kriterium. Der vollständige Hirntod ist unumkehrbar und der Patient spürt nichts mehr. In Deutschland wird dieser Zustand als Tod definiert. Doch diese Definition ist nicht unumstritten. Manche Experten halten einen Menschen erst dann für tot, wenn auch Herzschlag und Atmung aufhören.
  • Eingriff in den Sterbeprozess: Durch die intensivmedizinischen Maßnahmen wird der Körper des Patienten am Leben erhalten, nach der Organentnahme werden die Geräte abgeschaltet. Diese Prozedur ist notwendig für eine Organspende, aber ein Eingriff in den natürlichen Sterbeprozess.
  • • Körperliche Integrität: Die Entnahme von Organen ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, die manchen Menschen über den Tod hinaus wichtig ist.
  • Kein Mitspracherecht: Die Kriterien nach der Vergabe von Organen sind oft unübersichtlich und noch nicht vollständig untersucht. Der Organspender hat keinen Einfluss darauf, wem seine Organe zur Verfügung gestellt werden.
  • Konzept der Organspende: Nicht jeder Mensch ist von der Organspende überzeugt. Nicht alle Organspenden sind erfolgreich. In manchen Fällen kommt es zu Abstoßungsreaktionen oder die Betroffenen haben lebenslange Nebenwirkungen.
  • Religiöse Gründe: In manchen Religionen wird die Frage der postmortalen Organspende kontrovers betrachtet. So gibt es beispielsweise den Glauben an die Auferstehung, für die der Körper unversehrt bleiben soll, oder die Organe gelten nur als Leihgabe Gottes.

Nimm dir ausreichend Zeit, um die Argumente für und gegen eine Organspende gegeneinander abzuwägen und für dich eine Entscheidung zu treffen. Für eine unabhängige Beratung ist dein Hausarzt der richtige Ansprechpartner.

FAQ

Organspende – wer darf eigentlich spenden?

Ein Spender muss mindestens 16 Jahre alt sein. Bei einer akuten Krebserkrankung oder einer HIV-Diagnose ist eine Organspende pauschal ausgeschlossen.

Organspende – wer darf eigentlich spenden?

Ein Spender muss mindestens 16 Jahre alt sein. Bei einer akuten Krebserkrankung oder einer HIV-Diagnose ist eine Organspende pauschal ausgeschlossen.

Wie wird entschieden, wer deine Organe bekommt?

Bei der Vergabe der zur Verfügung stehenden Organe gibt es Wartelisten. Patienten werden von den Transplantationszentren auf die Liste gesetzt. Bei der Priorisierung gelten bestimmte Kriterien wie die Erfolgsaussicht und die Dringlichkeit der Organtransplantation. Die Ermittlung der geeigneten Empfänger wird von der Stiftung Eurotransplant durchgeführt. So ist es beispielsweise wichtig, dass Blutgruppe und Gewebemerkmale zusammenpassen.

Wie viele Leben kann man retten?

Im Optimalfall kannst du mit einer Organspende bis zu sieben Leben retten, indem du Herz, Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm und zwei Nieren spendest. Dazu können auch Gewebeteile gespendet werden, die zwar nicht lebensrettend sind, aber das Leben eines Patienten bedeutend verbessern können – zum Beispiel die Hornhaut der Augen.

Wie alt darf man für eine Organspende sein?

Es gibt keine feste Altersgrenze für die Organspende. Im Todesfall wird der Zustand der Organe medizinisch geprüft.

Was du über den Organspendeausweis wissen musstWas du über den Organspendeausweis wissen musstWas du über den Organspendeausweis wissen musstWas du über den Organspendeausweis wissen musst

HYLI-User können unseren Anwaltsservice nutzen.

Jetzt anmelden